Berlin Veranstaltung 2014

Qualitätsforum 2014

Programm

Begrüßung

Norbert Aumann,
Geschäftsführer der Otto Bock HealthCare Deutschland GmbH

Hubertus Lasthaus,
Vorstandsvorsitzender Qualitätsverbund Hilfsmittel e.V. (QVH)
Am 14.11.2014 hat der QVH das 3. Qualitätsforum veranstaltet. Fast 100 Teilnehmer zog es ins Otto Bock Science Center, um sich mit anderen Kollegen und Branchenvertretern auszutauschen. Das diesjährige Motto lautete „Qualität in der Hilfsmittelversorgung – Was kommt beim Patienten an?“

Bilder vom Qualitätsforum 2014

Copyright Peter-Paul Weiler, www.berlin-event-foto.de Tel. +49 1577 4720112 / Veröffentlichung und Verwendung nur mit Autorenangabe / Die Veröffentlichung ist erlaubt, sofern der Fotograf genannt wird.

Der Geschäftsführer der Otto Bock HealthCare Deutschland GmbH und QVH Vorstand, Norbert Aumann, eröffnete das 3. Qualitätsforum und warf dabei die Frage auf, warum Nutzer von Hilfsmitteln nicht annähernd die gleiche Lebensqualität haben sollen, wie alle anderen auch. „Hohe Qualität in der Versorgung ist keine Frage von Luxus oder überzogener Ansprüche der Patienten. „Hohe Versorgungsqualität ist Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“, so Aumann.

Für den Vorstandsvorsitzenden des QVH, Hubertus Lasthaus, gehört das Thema Versorgungsqualität wieder in den Mittelpunkt der Diskussionen. Es muss über das Thema Ausschreibungen, bei denen nur der niedrigste Preis zählt, gesprochen werden und hinterfragt werden, wie die Versorgungen dann tatsächlich laufen. „In Verträgen wird viel zum Thema Versorgungsqualität beschrieben, doch wie sieht es mit der Erfüllung der Verträge tatsächlich aus?, stellt Lasthaus zur Diskussion. Weiterhin stellt der QHV Vorstand fest, dass die Einhaltung vertraglicher Regelungen und die geleistete Versorgungsqualität nicht geprüft wird. „Die Betroffenen werden über die Vertragsinhalte nicht informiert, somit können sie nicht wissen, was sie einfordern können“, so Lasthaus. Deshalb ist der QVH angetreten, um überprüfbare Qualitätsstandards und das QVH-Gütesiegel zu etablieren.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Roy Kühne sprach engagiert über sehr aktuelle Themen der Branche. Für Ihn ist die externe Hilfsmittelberatung der falsche Ansatz, wenn sie zur Reduzierung von Leistungen und zu Einsparungen führen soll. Er verwies darauf, dass nach § 275 SGB V nur der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) Hilfsmittelversorgungen begutachten darf. Das Bundesgesundheitsministerium prüfe aktuell den Sachstand. Nach Auffassung des Politikers müsse hier ein Klarstellung im Interesse der Patienten erfolgen. Zum Thema Ausschreibungen stellte Dr. Kühne die Frage, wie diese so gestaltet werden können, dass die Qualität der Versorgungen im Vordergrund steht. Nach seiner Auffassung dürften Kassen, die Preise nicht wichtiger seien als die Versorgungsqualität. Wenn Versicherte das Produkt selber kaufen, obwohl sie einen Sachleistungsanspruch haben, dann ist etwas nicht in Ordnung, so Kühne. Es sei katastrophal, wenn die Qualität in den Hintergrund gestellt wird.Zum dem forderte der Abgeordnete, dass das Entlassungsmanagement professionalisiert werden muss. Klarheit möchte Dr Kühne auch bei den Regelungen der Mehrwertsteuer für orthopädische Produkte. „Selbst manche Finanzbeamten seien die Regelungen nicht klar“, so Kühne. Er wünscht sich dazu gemeinsame Gespräche zur Entwicklung einer klaren Definition.

Sacha Graf, DAK Gesundheit, stellte in seinem Vortrag den Prozess der Hilfsmitteversorgung dar und erläuterte, dass zur Erhebung von Versorgungsqualität, „die richtige Kennzahl“, „der richtige Hebel“ und „die Wirtschaftlichkeit“ berücksichtigt werden müssen. Am Beispiel eines Vertrages zur Stomaversorgung erläutert er, dass ein „höhere Aufwand die Kundenzufriedenheit nicht signifikant gesteigert hat“. Graf folgert, dass es „ab einer gewissen Grenze keinen linearer Zusammenhang zwischen Preis und Versorgungsqualität gibt.“ Beim Thema Ausschreibung räumt Graf ein, dass einige Angebote schwer nachvollziehbar seien.

„Man muss darüber nachdenken, ob bei Ausschreibungen nur der Preis als Zuschlagskriterium gelten muss oder ob es auch anders geht“, so Graf. Er führt weiter aus, dass die Vielzahl der Beteiligten am Versorgungsprozess die klare Abbildung von Ursache und Wirkung erschwert. Der Patient entscheidet über die angemessene Qualität, die durch seine Perspektive zu bewerten ist. Prof. Gerd Glaeske zeichnete an Hand von umfangreichem Zahlenmaterial ein aktuelles Bild der Versorgungssituation im Hilfsmittelbereich. Dabei stellte er heraus, dass es im Hilfsmittelbereich wenig Evidenz über den Nutzen und wenig Qualitätskriterien gibt. Für Ihn kann die Versorgungsforschung einen Beitrag zur Verbesserung der Situation leisten. „Die Versorgungsforschung ist eine aufdeckende Forschung, um Unter-, Über- Fehlversorgung, Defizite in den Strukturen, Abläufen, Kooperation und Qualität zu erkennen“, so Glaeske. Er mahnte die Aktualisierung des Hilfsmittelverzeichnisses und die Formulierung von Qualitätsstandards an. Er erläuterte, dass es „Strukturelle und wissenschaftliche Defizite mit Auswirkungen auf die Effizienz“ gäbe, z. B: „fehlende Transparenz in Versorgungsumfang, Qualität und Gesamtkosten, eine „fehlende Infrastruktur zur Bewertung von Effektivität und Effizienz“. Seine Ausführungen zum Gutachten des SVR aus dem Jahr 2014 sorgten für eine lebhafte Diskussion.

Der stellvertretende Vorsitzende der Fachvereinigung Medizinprodukte e.V, Patrick Kolb, stellte mit seinem Vortrag eine kritische Sicht auf die Versorgungsrealität dar. Auf die Frage – Was kommt beim Patienten an? – antwortete er „nicht allzu viel“. Kolb erläutert, dass die durch die Politik erzeugten ökonomischen Zwänge das selbstverständliche Solidaritätsdenken und Solidaritätsstrukturen sukzessive verdrängen. Ausschreibungen führen praktisch zur „Aushöhlung des Sachleistungsprinzips“ und sorgt für einen „Zusatzbeitrag exklusiv für Alte und Kranke“. Am Beispiel der AOK Hessen wurde deutlich, dass „die nicht vertrags- und rechtskonforme Versorgung bei den Vertragspartnern die Regel ist und nicht die Ausnahme“. Bei Ausschreibungen bieten die Ausschreibungsteilnehmer auf den Kopf, da ein Preismengeneffekt nicht möglich ist, wenn die variablen Kosten einer Versorgung über den Ausschreibungspreisen liegen. Dafür lieferte Kolb mit einer Minimalkostenkalkulation für Rollatoren auch den Beweis. Für Ihn ergeben sich daraus diverse Lösungsansätze. So muss es eine öffentliche Debatte darüber geben, was unserer Gesellschaft die Versorgung unserer Alten und Kranken wert ist! Der Leistungskatalog muss neu definiert und mit klaren Dienstleistungsstandards für jede Produktgruppe ausgestaltet werden. Bei Ausschreibungen sollte es eine Prüfung von realistischen Leistungskalkulationen und Preisgestaltungen geben.

Dr. Roy Kühne, MdB, Ausschuss für Gesundheit

Versorgungsqualität in der Hilfsmittelversorgung – stärken und sichern

Prof. Dr. Gerd Glaeske, Universität Bremen, Zentrum für Sozialpolitik

Die Nutzenbewertung für Hilfsmittel - ein Schritt für mehr Versorgungsqualität

Nach oben scrollen